Risikobewertung

Anbieterpflichten

Mit dem Digital Services Act (DSA) gelten seit dem 17. Februar 2024 europaweit einheitliche Regelungen für den Kinder- und Jugendmedienschutz in digitalen Diensten. Anbieter von Online-Plattformen wie Social-Media-Dienste sind gesetzlich dazu verpflichtet, besondere Schutzvorkehrungen für Kinder und Jugendliche innerhalb ihrer Dienste zu treffen und damit ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz zu gewährleisten. Strukturelle Vorsorgemaßnahmen wie Elternbegleittools, effektive Melde- und Abhilfeverfahren, altersbezogene Voreinstellungen oder Hinweise auf externe Hilfsangebote stellen solche Schutzvorkehrungen dar. Des Weiteren sind die Bedingungen und jegliche Einschränkungen für die Nutzung eines digitalen Dienstes, der an Kinder und Jugendliche gerichtet ist, so zu formulieren, dass diese sie verstehen können. Das Jugendschutzgesetz legt außerdem fest, dass auf Film- oder Spielplattformen deutlich wahrnehmbare Alterskennzeichen vorhanden sein müssen.

Risikobewertung im Kontext der Anbietervorsorge

Die Überprüfung von Online-Plattformen auf die Einhaltung und Umsetzung der Anforderungen an eine hinreichende Anbietervorsorge durch die KidD gliedert sich in die Prüfschritte der Risikobewertung und Risikobegegnung.

Im Rahmen der Risikobewertung beurteilt die KidD zunächst, welche Risiken für Kinder und Jugendliche bei der konkreten Nutzung einer Online-Plattform bestehen. Für die Beurteilung greift sie unter anderem auf den von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz herausgegebenen Gefährdungsatlas zurück, der relevante Medienphänomene und die mit diesen verbundenen Gefährdungen wissenschaftlich aufbereitet und detailliert darstellt.

Um Anbietern eine rechtssichere Umsetzung der verpflichtenden strukturellen Vorsorgemaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, hat die Europäische Kommission Leitlinien zur Konkretisierung dieser Verpflichtung aus Artikel 28 Absatz 1 DSA erarbeitet und am 14. Juli 2025 veröffentlicht. Damit sollen die Anbieter von Online-Plattformen unterstützt werden, ihrer Pflicht zum Kinder- und Jugendmedienschutz nachzukommen. Die zu ergreifenden Maßnahmen müssen verhältnismäßig und angemessen sein. Kinderrechte müssen geschützt werden und schon in den Voreinstellungen und im Design sollte der Schutz von Minderjährigen Berücksichtigung finden. Um die jeweils passenden Maßnahmen für den eigenen Dienst zu finden, sollen die Plattformen die jeweiligen Risiken prüfen und erfassen.

In den Leitlinien werden die Online-Risiken für Kinder in fünf typische Risikogruppen nach der sogenannten „5C-Typologie“ eingeteilt:

1.    Inhaltsrisiken (content risks)

Minderjährige können auf digitalen Diensten Inhalten ausgesetzt sein, die ihnen potenziell schaden. Dazu gehören unter anderem pornografische oder suizidale Inhalte, illegale Inhalte, solche die das Thema Essstörungen behandeln sowie Desinformation.

2.    Verhaltensrisiken (conduct risks)

Damit sind Verhaltensweisen gemeint, die Kinder und Jugendliche in der digitalen Welt selbst annehmen und die ein Risiko für sie und andere darstellen können. Dazu zählen Cybermobbing, die Teilnahme an gefährlichen Challenges, das Verbreiten von terroristischen Inhalten sowie weitere Verhaltensweisen.

3.    Kontaktrisiken (contact risks)

Hierunter sind schädliche Interaktionen zu verstehen, denen Minderjährige im Netz ausgesetzt sind. Beispiele dafür sind Begegnungen mit anderen Nutzenden, die Minderjährigen absichtlich schaden wollen. Darunter fallen Phänomene wie Cybergrooming, Sextortion, Online-Betrug und Cybermobbing, die auch strafrechtlich relevant sind.

4. Verbraucherisiken (consumer risks)

Kinder und Jugendliche können im digitalen Raum verschiedenen finanziellen sowie sicherheitsrelevanten Risiken ausgesetzt sein. Dazugehören beispielsweise Lootboxen, Kostenfallen oder Intransparenz beim Thema Datenschutz.

5. Querschnittsrisiken (cross cutting risks)

Hierunter fallen Risiken, die keiner anderen Kategorie klar zugeordnet werden können. Sie sind als besonders problematisch zu bewerten, da sie Kinder und Jugendliche in vielfältiger Weise beeinträchtigen können. Beispiele hierfür sind Risiken durch neue technologische Entwicklungen wie KI-Tools, negative Auswirkungen von digitalen Diensten auf die Gesundheit sowie Datenschutz- und Privatsphäre-Risiken.

Risikoidentifizierung

Wenn die KidD Risiken für Kinder und Jugendliche auf einer Online-Plattform identifiziert hat, prüft und beurteilt sie im Rahmen der Risikobewertung, ob der Plattformanbieter ausreichende und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen zur Risikobegegnung eingerichtet hat, um Kinder und Jugendliche vor diesen Risiken zu schützen.

Informationen zu den strukturellen Vorsorgemaßnahmen und insbesondere wie diese dabei unterstützen können, Kinder und Jugendliche vor Risiken auf den Online-Plattformen zu schützen, finden Sie in der Rubrik Risikobegegnung.

Gefährdungsatlas der BzKJ 

Der Gefährdungsatlas der BzKJ sowie weitere Informationen zu den verschiedenen Medienphänomenen stehen zum digitalen und kostenfreien Abruf im Servicebereich auf der Website der BzKJ bereit.